VfGH-Beschwerde der Grünen wegen E-Voting

Wie derStandard.at und die Futurezone (Nachtrag: und heise.de) bereits berichteten, reichen Die Grünen und Alternativen StudentInnen (GRAS) wie angekündigt eine Beschwerde gegen das bei der ÖH-Wahl 2009 verwendete E-Voting-System beim Verfassungsgerichtshof (VfGH) ein.

Als Grundlage dient dabei ein Bescheid der Datenschutzkommission. Durch den negativen Bescheid der DSK, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass sich der VfGk mit dem Fall beschäftigt.

papierwahl.at drückt selbstverständlich die Daumen.

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Über die Selbstevaluierung des E-Voting-Systems

In der htu_info № 03 / 2010, der Zeitung der Hochschülerinnen- und Hochschülerschaft an der TU Wien, ist ein Beitrag von Manfred Menhart, Co-Autor von papierwahl.at und Mandatar der ÖH Bundesvertretung, erschienen:

Eigenlob stinkt
über die Selbstevaluierung des e-Votingsystems

Vor ziemlich genau einem Jahr vollzog das Wissenschaftsministerium ihr Prestigeprojekt e-Voting bei den ÖH-Wahlen, entgegen der Ablehnung von Seiten der ÖH selbst (insbesondere auch der HTU) und den zahlreichen warnenden ExpertInnenstimmen. Jetzt ist der offizielle Evaluierungsbericht da, in dem sich die für e-Voting verantwortlichen Organisationen auf 120 Seiten selbst loben dürfen.

Fakt ist, dass es aufgrund der elektronischen Abwicklung zu zahlreichen Komplikationen kam, insbesondere zu Verzögerungen bei der Papierstimmabgabe und bei der Stimmenauszählung, die durch das System eigentlich beschleunigt werden sollten. Fakt ist, dass nicht einmal 1% der Stimmen elektronisch abgegeben wurden. Fakt ist auch, dass den Einsprüchen gegen die elektronischen Wahlen an der Universität Wien und an der Universität Salzburg in erster Instanz stattgegeben wurden. All diese Fakten werden in dem Bericht kleingeredet und auf juristische und verwalterische Ursachen reduziert. Das ist nicht einmal komplett falsch, denn das gesamte Projekt e-Voting schwimmt in vielerlei Hinsicht im rechtsgekrümmten bis rechtsleeren Raum.

Die Berichtsteile, die auf die technischen Gegebenheiten eingehen, lesen sich wie eine Paradeumsetzung, da sich die Organisationen logischerweise selbst ein gutes Urteil ausstellten. Auf eine neutrale Evaluierung auf dieser Ebene werden wir wohl ewig warten, da unabhängige BegutachterInnen nicht an die verantwortliche Soft- und Hardware herangelassen werden. Somit bleibt für die Öffentlichkeit im Dunklen, wie die elektronischen Stimmen tatsächlich gezählt wurden.

Im Vorfeld und im Zuge der letztjährigen ÖH-Wahl kam es zu einer groß angelegten öffentlichen Debatte um die Durchführung der elektronischen Wahlen. Dem konsequent durchgeführten Vorhaben des Ministeriums mitsamt der ÖVP-Lobbyingmaschinerie stand die ablehnende Meinung der HochschülerInnenschaft selbst gegenüber. Zahlreiche Punkte der europäischen Richtlinien für elektronische Wahlen wurden bewusst ignoriert. Insbesondere auf die Rücksichtnahme auf die Betroffenen wurde mit der Wortmeldung des damaligen Bundesministers Johannes Hahn, e-Voting würde auch „gegen die Meinung der ÖH“ durchgeführt werden, verzichtet.

Die neue Bundesministerin Beatrix Karl kündigte zumindest an, bei den nächsten ÖH-Wahlen auf e-Voting zu verzichten. Als Grund gab sie an, dass sie aus den Gesprächen mit der ÖH klar ableiten konnte, dass diese selbst e-Voting nicht wollen. Das dürfte aber sicher nicht der einzige Grund sein. Auch wenn die elektronische Wahl von Ministeriumsseite als Erfolg verkauft wird, lässt sich nicht leugnen, dass der geplante Aufwand wesentlich überschritten wurde und die gewünschten Ergebnisse ausblieben.

sailormeni e-voting Meni legt großen Wert auf sein Wahlrecht.

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Reaktionen auf Wahlcomputer-Hack in Indien

Wir hatten hier bereits den Hack der indischen Wahlcomputer gemeldet, aber die Reaktion darauf soll nun auch Erwähnung finden: Die BBC veröffentlicht einige Kommentare der indischen Wahlkommission. Die Argumente sind die bekannten, dass nämlich die Benutzung der 1,4 Millionen Wahlcomputer nur in geschützten Umgebungen erfolgt. Innentäter-Szenarien werden dabei ausgeblendet. Alok Shukla von der Indian Election Commission versichert:

It is not just the machine, but the overall administrative safeguards which we use that make it absolutely impossible for anybody to open the machine. [1]

Natürlich werden auch wieder die Siegel erwähnt, die Sicherheit garantieren würden. Wie sich die Reaktionen gleichen..

[1] US scientists ‚hack‘ India electronic voting machines, Julian Siddle, BBC, 18. Mai 2010.

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Philippinen, again

Über die optischen Scan-Wahlsysteme auf den Philippinen hatten wir erst kürzlich berichtet. Mit dem preiswürdigen Untertitel To err is human but to really foul things up you need a computer hatte der Economist noch vor den Wahlen am 10. Mai einen lesenswerten Artikel über die Probleme mit den computerisierten Wahlen publiziert. Das Dilemma, das sich im Vorfeld der Stimmabgabe zeigte, wird darin treffend beschrieben:

Unfortunately, the country may be damned if it does and damned if it doesn’t. If the elections take place as planned, and the computerised system fails – ie, produces incredible or incomplete results – then the unsuccessful candidates are likely to complain either that the system was rigged to cheat them or that it was designed to fail so that the unpopular Mrs Arroyo could remain in office while the mess is sorted out. [1]

Die Wahlen sind nun vorbei, die papiernen Stimmzettel gescannt, das Ergebnis steht fest. Angesichts der Gewalt während der Abstimmung, die auch zu Toten führte, wurde wenig über die elektronischen Systeme berichtet. Bei der Huffington Post sind einige wenige Details zu finden. Der spätere Wahlsieger Benigno Aquino hatte in seinem Wahllokal technische Probleme:

Aquino himself was unable to immediately cast his ballot Monday after a vote-counting machine broke down in his precinct. […] Elections Commissioner Rene Sarmiento warned there might be „some flaws and glitches.“ [2]

Weniger als ein Prozent der Computer sollen technische Probleme bereitet haben, beteuert die Wahlkommission. Nun, überprüfen kann das natürlich keiner, sofern nicht noch eine Handauszählung durchgeführt wird.

[1] System error, The Economist.
[2] Aquino seen as favorite as Filipinos begin voting, The Huffington Post.
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Nachtrag: Beitrag zum Thema auch in der Futurezone Probleme mit Wahlmaschinen auf Philippinen

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Indische Wahlcomputer gehackt

Ein internationales Team aus Wahlcomputer-Experten hat diese Woche Möglichkeiten zur Manipulation von indischen Wahlcomputern veröffentlicht. Mit im Team sind unter anderem Rop Gonggrijp (den man noch von den Nedap-Wahlcomputern in Deutschland und den Niederlanden kennen sollte) und Alex Halderman von der University of Michigan.

Demonstriert werden 2 Angriffe
1) „Dishonest Display Attack“:
Dabei wird auf dem LED-Display einfach ein anderes Ergebnis angezeigt als im Gerät berechnet wurde. Aktivieren und steuern lässt sich diese Technik beispielsweise mit einem normalen Handy über Bluetooth.
2) „Clip-on Memory Manipulator Attack“:
Hierbei wird einfach ein kleines Stück selbstgebastelte Hardware kurz an die Kontakte des Speicherchips geklemmt. Dadurch lässt sich der Speicherinhalt verändern und das Gerät liefert ein anderes Ergebnis.

Die Angriffe und weitere Informationen sind auf indiaevm.org veröffentlicht. Unter anderem gibt es dort das Technical Paper in dem alle Details stehen oder auch Bild- und Videomaterial.

Das folgende Video fasst auch nochmal den ganzen Ablauf zusammen:

[Direktlink]

[via wahlrecht_de / Ulrich Wiesner]

weitere Links:
heise.de hat mittlerweile auch schon darüber berichtet.

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Über den Tellerrand

In unseren Breiten betrachtet man das Für und Wider des Einsatzes von Wahlcomputern meist unter Bedingungen, die eine nahezu perfekte Organisation und Gewaltfreiheit beim Wahlablauf sowie einigermaßen kompetente Prüfbehörden und Hersteller annehmen oder übermäßige Korruption von vorneherein ausschließen. Die Möglichkeit bezahlter Hacks solcher Systeme wird zumeist mit dem Hinweis abgetan, dass dies doch höchst unwahrscheinlich sei. Auch Innentäterangriffe werden in gestandenen Demokratien nur selten als ernsthafte Bedrohung gegen computerisierte Wahlen betrachtet. Dass die Computer gar falsch addieren, kommt kaum jemandem in den Sinn. Wie sieht es aber in anderen Staaten aus?

Carlos H. Conde gibt in der New York Times interessante Einblicke zu den diesjährigen Wahlen mit optischen Scan-Computern in den Philippinen, dem ersten Land, das von ausschließlich durchgeführten Papierwahlen zu vollständig computerisierten Wahlen ohne manuelles Nachzählen wechselt:

But such is the history of tainted elections here that many fear computerization may just provide even greater opportunities for disenfranchising voters. […] the road to automation has not been smooth. Questions were raised regarding the ability of the contractor, Smartmatic-TIM, to set up the system. In several tests conducted over the past few months, many of the P.C.O.S. machines malfunctioned and had problems relaying results — via mobile phone networks — to the main data center. [1]

Das verwendete System Smartmatic krankt an den üblichen Problemen: Es wird von Herstellern und der Regierung als Black Box eingesetzt, nur intern administriert und kontrolliert, ohne Transparenz. Insofern unterscheidet es sich kaum von den Systemen, die in unseren Breiten so angeboten werden.

[1] The New York Times: New Voting Machines Stoke Filipinos’ Fears, 13. April 2010.
ccc

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UOCAVA Summit 2010 Videos

Im März diesen Jahres fand in München zum vierten Mal das jährliche internationale Treffen UOCAVA Summit 2010 statt (wurde auch auf papierwahl.at angekündigt). UOCAVA steht für Uniformed and Overseas Citizen Absentee Voting Act – oder etwas vereinfacht „Overseas And Military Voting“. Die Organisation dahinter ist die Overseas Voting Foundation (OVF). Ziel der OVF ist es, wie der Name bereits vermuten lässt, WählerInnen aus Übersee und Militär an Wahlen teilnehmen lassen zu können.

Bei dem Summit wurde eine Debatte zu Internetwahlen abgehalten, bei der sowohl Befürworter als auch Gegner zu Wort kamen. Das Ganze verlief nach einem festen Schema, wie hier beschrieben.

Vor Ort mitdiskutiert hat auch papierwahl.at-Mitautorin Constanze Kurz.
Die Videoaufzeichnungen der Veranstaltung gibt es im Youtube-Channel der Overseas Voting Foundation.
Die Videos zur Internet-Voting-Debatte sind bei wahlrecht.de in chronologischer Reihenfolge verlinkt.

weitere Links:
Summit 2010 Event Description
Summit 2010 Speaker List

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Kritik am Evaluierungsbericht

Dass sich die am E-Voting-Versuch zu den ÖH-Wahlen 2009 maßgeblich beteiligten Organisationen (E-Voting.CC, IVM und TU Wien INSO) selbst evaluieren, ist schon mal sehr bedenklich. Die „externe Evaluierung“ wurde durch das Sora-Institut durchgeführt und enthält lediglich eine „Gesellschaftspolitische Analyse“. Ein unabhängiger Bericht hätte – wie auch eine unabhängige Wahlbeobachtung – das kaum vorhandene Vertrauen in das Projekt erhöhen können.

Zudem üben Beiträge u.a. im Standard „Dicker Bericht, dünne Ergebnisse“ und in der ORF Futurezone zusätzlich Kritik an dem Evaluierungsbericht (PDF) :

SPÖ-Bundesgeschäftsführer Günther Kräuter bezeichnete den Bericht in einer Aussendung als „peinliche Selbstevaluierung“. Auch für die grüne Justizsprecherin Daniela Musiol ist die Evaluierung „äußerst fragwürdig“. [..] Der Bericht sei eine „Farce“ und alles andere als unabhängig, kritisierte auch Eva Pentz von den Grünen und Alternativen StudentInnen (GRAS) [..].

Ein Kommentar von Martin Fehndrich wahlrecht.de zum Bericht: Bezugnehmend auf (S.95) „Wahlbeobachtung von E-Voting [..] eine reine Beobachtung der Vorgänge am Wahltag lässt nur minimale Schlüsse zu.“

Das ist doch schon nah an „geht nicht“.

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E-Voting wird vorerst nicht mehr eingesetzt

Wie heute, am 2. April 2010, in einem Standard-Interview mit Wissenschaftsministerin Karl bekannt wurde, wird E-Voting nicht weiter bei ÖH-Wahlen eingesetzt.

E-Voting widerspricht den verfassungsrechtlichen Grundprinzipien der freien, geheimen und persönlichen Wahl – endlich hat dies auch das Ministerium erkannt!

sagt Eva Pentz, Aktivistin der Grünen & Alternativen StudentInnen. Die GRAS hatte zuvor die ÖH-Wahl von 2009 an 13 Universitäten wegen E-Voting angefochten und hat angekündigt, mit den Klagen bis zum VfGH zu gehen. Wir berichteten davon.

Die wesentlichen Kritikpunkte von papierwahl.at und anderen GegnerInnen von E-Voting waren und sind

  • die verfassungs- und datenschutzrechtliche Bedenken (die Gefährdung des freien, geheimen und persönlichen Wahlrechts)
  • die Möglichkeit das Wahlverhalten abzurufen oder die Wahlergebnisse zu manipulieren
  • die mangelnde Nachvollziehbarkeit für die WählerInnen

Für eine vollständige Auflistung der Kritikpunkte siehe hier. Der lange angekündigte E-Voting-Evaluierungsbericht des Ministeriums für Wissenschaft und Forschung wurde nun endlich veröffentlicht.

Er zeigt, dass sich E-Voting als technologiebasiertes Wahlverfahren im Internet bewährt hat. Aber die Bürgerkarte, die ja für die Online-Stimmabgabe nötig ist, ist noch nicht so weit verbreitet, wie es notwendig wäre. Das war ein klarer Hemmschuh.

meinte Ministerin Karl zu dem Bericht – nach wie vor von E-Voting überzeugt. LeserInnen von papierwahl.at können sich selbst ein Bild machen von dem Bericht auf E-Voting.cc – der Seite  des unabhängigen Projektbeauftragten Robert Krimmer (siehe weiter unten).

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Update: „Dicker Bericht, dünne Ergebnisse“ schreibt derstandard.at zu dem 50.000 € teuren Bericht von Krimmer. Weiter: „Die Ergebnisse, zu denen diejenigen, die auch für die Umsetzung von E-Voting zuständig waren, gekommen sind, sind wenig überraschend.“

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Robert Krimmer arbeitet nun offiziell für die ÖVP-Aktionsgemeinschaft

In der heutigen Sitzung der ÖH-Bundesvertretung wurde Robert Krimmer als Vertreter der ÖVP-Aktionsgemeinschaft in die Kontrollkommission der ÖH-Bundesvertretung entsandt.

Der Direktor des „Kompetenzzentrum für Elektronische Partizipation und Elektronische Wahlen„, der von dem Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung unter Gio Hahn als „unabhängiger“ Experte dafür bezahlt wurde, Stimmung für E-Voting zu machen, steht nun im also Dienste der Aktionsgemeinschaft.

Die Tatsache, dass der Lobbyist für E-Voting zuerst als unabhängig verkauft wurde und nun allen Ernstes offiziell für die Aktionsgemeinschaft arbeitet, ist ein weiterer Beweis dafür, wie undemokratisch die Vorgänge rund um die Einführung des E-Votings bei den ÖH-Wahlen 2009 waren.

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