E-Voting-Initiativen

aus „Appendix B – E-Voting-Initiativen“ des Buches „Sicherheit elektronischer Wahlen – Eine Methode zur Bewertung und Optimierung der Sicherheit von E-Voting-Systemen“, Verlag Dr. Müller, 2008 . Es gibt eine Reihe von Parteien, die sich für oder gegen E-Voting aussprechen. Hier wird ein Überblick über österreichische und internationale Initiativen, Vereine, Organisationen, Aktivisten und Experten gegeben.

Österreichische Initiativen

In Österreich gibt es eine Reihe von Initiativen, die sich mit IT-Sicherheit beschäftigen. Der Verein Österreichische Computer Gesellschaft (OCG) hat einen Arbeitskreis AK IT-Sicherheit gegründet, der sich mit den zentralen Aspekten der Sicherheit in der IT mit Schwerpunkt auf Safety von Systemen beschäftigt. Der Verein Initiative Informationssicherheit Austria (IISA) hat eine Bewusstseinsbildung in Bezug auf Informationssicherheit in Unternehmen zum Ziel. Die Initiative Saferinternet.at bietet Informationen zum Thema Sicherheit im Internet und ist die österreichische Informations- und Koordinierungsstelle im Safer Internet Netzwerk der EU.

Befürworter

Zum Thema E-Voting gibt es in Österreich ebenfalls Seitens der OCG einen Arbeitskreis eDemokratie/eVoting, der 2002 gegründet wurde und unter der Leitung von Alexander Prosser der WU Wien steht. Der Arbeitskreis ist vor allem mit Publikationen und Veranstaltungen im Bereich E-Democracy tätig. Alexander Prosser wirkt ebenfalls an der E-Voting-Initiative e-Voting.at der Wirtschaftsuniversität Wien mit. Die Initiative organisiert Pilotversuche und dient als Informationsplattform zum Thema E-Voting in Österreich. Der Pilotversuch einer elektronischen Testwahl via Internet für Auslandsösterreicher wurde mit Unterstützung vom Außenministerium (Thomas Buchsbaum), der Initiative e-Voting.at und der Wirtschaftsuniversität Wien durchgeführt. Robert Krimmer, der anfänglich auch bei e-Voting.at mitwirkte, gründete die gemeinnützige GmbH Competence Center for Electronic Voting and Participation, die sich mit Beratung und Begleitung von E-Voting-Projekten und Wahlbeobachtungen, aber vor allem mit Organisation von E-Voting-Konferenzen beschäftigt. Als Verfechter von E-Voting-Systemen meinte er:

„Die technischen und rechtlichen Aspekte sind gar nicht das Problem, sondern die Mittelsmänner, das heißt die Politiker, die für die Regulierung zuständig sind.“ [Siet07]

studi.gv.at wurde als Maßnahme zur Erhöhung der Verbreitung der Bürgerkarte gegründet, die bei der Wahl der Österreichischen HochschülerInnenschaft 2009 zum Einsatz kommen soll.

„Studierende sind neugierig und innovativ – und daher ausgewiesene „First Mover“ für das eVoting.“ [Prof. Grechenig auf studi.gv.at]

Gegenbewegungen

Die Seite der Initiative Rettet die Wahlen vereint einige HochschülerInnenschaften in Österreich gegen die geplante Verordnung des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung, mit der die Hochschülerinnen- und Hochschülerschaftswahlordnung 2005 hin zu Internetwahlen für die ÖH Wahlen 2009 geändert wird.

Internationale Initiativen

Es gibt eine Reihe internationaler Initiativen für oder gegen E-Voting. Es folgt ein kurzer Überblick über diese Organisationen, Vereine und Aktivisten.

Europa

Gegenbewegungen

In Großbritannien ist die Open Rights Group, eine Organisation für Bürgerrechte im Internet, kritisch tätig. Im Juni 2007 wurde ein 60-seitiger Bericht [ORG07] zu Wahlbeobachtung der Pilot-Wahlversuche bei der Kommunalwahl im Mai 2007 in England und Schottland veröffentlicht. Die Organisation veranstaltete im Frühling 2007 den ersten European Electronic Voting Activism Workshop unter der Leitung von Jason Kitcat, bei dem internationale Kritiker von E-Voting eingeladen wurden. Die Irische Irish Citizens for Trustworthy Evoting ICTE setzte sich gegen den Einsatz der Nedap-Wahlmaschinen ein, befürwortet aber generell E-Voting. Der Chaos Computer Club in Deutschland verhält sich gegenüber E-Voting ebenfalls kritisch und berichtete mit einer Wahlbeobachtergruppe von der Oberbürgermeisterwahl in Cottbus [Chao06]. Zudem wurde ein Gutachten zu Sicherheitslücken des Hamburger Wahlstiftes erstellt. Der Berliner Mathematiker Tobias Hahn startete im Herbst 2006 die Online-Bundestags-Petition gegen Wahlcomputer „Wahlrecht:Stimmabgabe mit Wahlgeräten“, um die Abschaffung der gesetzlichen Grundlage für den Einsatz von Wahlcomputern (Streichung des § 35 im Bundeswahlgesetz) zu erzielen, die innerhalb sechs Wochen mehr als 45.000 Bürger unterzeichnet haben. Das Hauptargument der Petition war die fehlende Transparenz von E-Voting-Systemen, der Petition wurde allerdings nicht stattgegeben. Eine Wahlprüfungsbeschwerde wurde beim Bundesverfassungsgericht vom Frankfurter Software-Spezialist Ulrich Wiesner mit der gleichen Motivation ebenfalls eingereicht, diese wurde ebenfalls abgewiesen. Die französische Organisation Ordinateurs De Vote des Informatikers Pierre Muller startete gegen den Einsatz von E-Voting-Systemen bei der Präsidentschaftswahl 2007 ebenfalls eine Unterschriftenliste, die knapp hunderttausend französische Bürger unterzeichnet haben, mit der zusätzliche Papierbelege, Audit-Verfahren und in letzter Folge den Verzicht auf Wahlmaschinen und die Beibehaltung von Papierstimmzetteln gefordert wird. Zusätzlich wurde bemängelt, dass bei den technischen Zulassungsbedingungen in Frankreich keine Quellcode-Inspektion der eingesetzten Software und keine Prüfmechanismen zur Verifikation der Integrität der E-Voting-Systeme verlangt werden. Der holländische Aktivist Rop Gonggrijp gründete 2006 die Organisation Wij vertrouwen stemcomputers niet („Wir vertrauen Wahlmaschinen nicht“), die Kampagnen gegen Wahlsysteme ohne Voter Verified Paper Audit Trail startet. Gonggrijp führte im Oktober 2006 im Holländischen Fernsehen einen Hack auf eine E-Voting-Maschine des Herstellers Nedap vor und verfasste zudem eine Sicherheitsanalyse zu den Maschinen [GoHe06]. Die belgische Initiative Pour une Ethique du Vote Automatisé setzt sich ebenfalls gegen den Einsatz von Wahlcomputern ein. Wahlcomputer werden in Belgien bereits seit 1994 verwendet. Der finnische Abkömmling der EFF, die Electronic Frontier Finland, setzt sich unter anderem gegen den Einsatz von Wahlmaschinen ein. Canada Die Canadische Paper Vote Canada wurde gegründet, um das bestehende Papierwahl-System Canadas zu bewahren.

USA

Gegenbewegungen

Ben Cohen initiierte die The Computer Ate My Vote Kampagne, die mit einer Unterschriftenliste, auf der mehrere hunderttausende US-Bürger unterschrieben haben, die Einstellung von Wahlen mit DRE-Maschinen und den Einsatz von Audit-Verfahren mit Papierbelegen fordert. Die U.S. Organisation MoveOn setzt sich mit ihrer Petition Ban Paperless Voting wie auch Sheila Parks mit ihrer Forderung Hand-Counted Paper Ballots Now ebenfalls gegen E-Voting-Systeme ein. Das Open Voting Consortium setzt sich für mehr Offenheit und die Verwendung von Papierstimmzettel ein. Der Verein Common Cause ist 1970 zur „Verteidigung der Demokratie“ gegründet worden und unterstützt Bürger in politischen Fragen. E-Voting ist eines der Themen, mit dem sich diese beiden Vereinigungen auseinander setzen. Die US-amerikanische Electronic Frontier Foundation wurde 1990 gegründet und bildet eine Gruppe von Rechtsanwälten, Technikern und Freiwilligen, die sich für den Schutz der Bürgerrechte im Computerzeitalter und für faire und transparente Wahlen einsetzen. David Dill gründete die US-Amerikanische Organisation Verified Voting, die sich für vertrauenswürdige, zuverlässige und öffentlich verifizierbare Wahlen, ohne Einsatz von DRE-Wahlgeräten, einsetzt. VoteTrustUSA ist ein Projekt der Verified Voting Foundation. Mit der Organisation Where’s the Paper kämpft IT-Beraterin Teresa Hommel gegen die Anschaffung der holländischen Nedap-Wahlmaschinen in New York an. Sie schrieb zudem das Internet-Applet The Fraudulent Voting Machine, mit dem gezeigt werden kann, wie einfach die Software manipuliert werden kann. David Jefferson von der Cambridge Universität setzt sich wie auch Aviel Rubin von der Johns Hopkins Universität, Doug Jones von der Universität Illinois und Sicherheitsexperte Bruce Schneier gegen DRE-Systeme ein. Ed Felten und Alex Halderman von der Universität Princeton schreiben zusammen mit Dan Wallach von der Rice Universität das kritische Weblog Freedom to Tinker über E-Voting-Technologie. John Schwartz von der NY-Times, Kim Zetter vom Wired Magazine wie auch Aktivist und Blogger Brad Friedman und Aviel Rubin schreiben regelmäßig über Missstände bei E-Voting-Systemen in den USA. Bev Harris, die Aktivistin, die den Diebold Sourcecode im Internet auf einer neuseeländischen Seite entdeckte, gestaltet die Webseite Black Box Voting, die kritische Informationen zu politischen Prozessen rund um E-Voting enthält. Die Vereinigung A Center for Correct, Usable, Reliable, Auditable, and Transparent Elections (ACCURATE) ist ein kollaboratives Projekt zwischen verschiedenen Institutionen, das sich auf kritische Untersuchungen von E-Voting-Systemen spezialisiert hat. ACCURATE untersucht Softwarearchitekturen, manipulationssichere Hardware, kryptografische Protokolle und Verifikationssysteme. Weiters beschäftigt sich die Organisation mit Usability und politischen Themen, um E-Voting sicherer zu gestalten. David Wagner von der UC Berkeley ist einer der Initiatoren des Programms. Das Caltech-MIT Voting Technology Project wurde von den Präsidenten der beiden Universitäten Caltech und Massachusetts Institute of Technology (MIT) gegründet, um in Zukunft die Probleme, die die erneute Auszählung bei den Präsidentschaftswahlen in den USA im Jahr 2000 verhindert haben, zu bewältigen. Wissenschaftler wie Ted Selker haben im Rahmen des Projekts eine Reihe kritischer Berichte zum Thema E-Voting veröffentlicht. Kim Alexander gründete 1994 die Organisation The California Voter Foundation, einen unparteiischen Verein, der sich für einen Einsatz von Technologie zur Stärkung des demokratischen Prozesses einsetzt und sich kritisch gegenüber E-Voting äußert. Voters Unite wie auch Voter Action sind parteilose, non-profit U.S Organisationen, die sich für faire und akkurate Wahlen einsetzen. Election Fraud News ist eine Organisation, die aus mehreren Wahlbetrugs-Experten und Wahlrechtsaktivisten besteht, die sich ebenfalls für freie und faire Wahlen in den USA einsetzt. Auf der Webseite des Election Incident Reporting Systems können U.S. Bürger Vorfälle (Probleme, Irregularitäten, etc.) melden. Bisher wurden mehr als 30.000 Incidents gemeldet. Der Help America Vote Act (HAVA) stellt einen Meilenstein in der rechtlichen Entwicklung für den Einsatz von E-Voting dar. 2002 wurden durch HAVA 4 Millionen US-Dollar in die Aufrüstung auf E-Voting-Maschinen in den Vereinigten Staaten investiert. Die U.S. Gesetzgebung führte dadurch zu einem Einsatz von E-Voting bevor die Technologie ausgereift war. Die US Election Assistance Commission wurde durch HAVA als Verrechnungs- und Informationsstelle eingesetzt.

Befürworter

Konstruktivere Ansätze kommen von David Wagner der Universität Berkeley und Ronald Rivest vom MIT, die sich für sichere und vertrauenswürdige E-Voting-Systeme einsetzen. Electionline ist ein parteiloser Verein, der auf seiner Website aktuelle Informationen zu E-Voting bereitstellt. Die Organisation The Election Center veranstaltet Konferenzen für Mitarbeiter von Wahlbehörden und Verkäufern von E-Voting-Systemen. Das Komitee The National Committee for Voting Integrity vereint Experten aus verschiedenen Disziplinen, um transparente, sichere E-Voting-Systeme zu gestalten. Daniel Tokaji, Assistenzprofessor am Ohio State Universität’s Moritz College of Law, tritt ebenfalls für E-Voting-Systeme ein:

„From a voting rights perspective, electronic voting is better than the available alternatives“ [Fest04]

Brit Williams, Professor an der Kennesaw State Universität, war als Berater bei der Entwicklung der FEC-Standards tätig und gilt, wie auch Wahlkommissar Connie Schmidt von Johnson County, Kansas, USA, als Verfechter von DRE-Wahlmaschinen. Michael Shamos, ein Informatikprofessor an der Carnegie Mellon Universität, der E-Voting-Systeme aus Pennsylvania und Texas inspiziert und zertifiziert hat, gilt ebenfalls als Verfechter von DRE-Maschinen und ist der Überzeugung, dass der Einsatz zusätzlicher Papierbelege E-Voting-Systemen nicht mehr Sicherheit bringen kann. . Stand November 2008. . [Siet07] R. Sietmann: „Wähler-Selbstkontrolle – Experten ringen um Vertrauen in elektronische Wahlmaschinen“. c’t 19/2007. S. 84 [ORG07] ORG Open Rights Group: „May 2007 Election Report – Findings of the Open Rights Group Election Observation Mission in Scotland and England“. 20 Juni 2007 [Chao06] CCC Chaos Computer Club: „Bericht der CCC-Wahlbeobachtergruppe von der Oberbürgermeisterwahl in Cottbus“. 24.10.2006 [GoHe06] R. Gonggrijp, W. Hengeveld, A. Bogk, D. Engling, H. Mehnert, F. Rieger, S. Scheffers, B. Wels: „Nedap/Groenendaal ES3B voting computer – a security analysis“. The “We do not trust voting computers” foundation. 6.10.2006 [Fest04] Interview mit Paul Festa: „E-voting: Nightmare or nirvana?“ für CNET News.com. 30. Juni 2004.

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