Eine erste Zusammenfassung zu den US-Wahlen gab es gerade schon. Ich möchte an dieser Stelle nochmal genauer auf die konkreten Probleme eingehen:
Während viele der „Mainstream Medien“, über den Sieg Obama’s berichten, ist die Berichterstattung über die aufgetretenen Probleme bei den eingesetzten Wahlsystemen, völlig unzureichend. Entweder wird überhaupt nicht berichtet oder die Sache wird heruntergespielt. So ist etwa in der Presse von „Kleinere technische Probleme bei der Stimmabgabe“ die Rede. Ähnlich bei der BBC die mit „No major glitches on election day“ titelt oder bei CNN „Voting machines cause few problems„. In dem Zusammenhang habe ich ein recht treffendes Statement auf Twitter gefunden, das dieses Verhalten der Medien kritisiert:
obama joy is pushing voter fraud stories way down if not completely out of the news. once again media betrays democracy.
[twitter.com/bicyclemark]
Es mag sein, dass sich die bekannt gewordenen Probleme wirklich nicht übermäßig auf das Ergebnis ausgewirkt haben. Ein äußerst bitterer Beigeschmack wird dennoch hinterlassen, denn:
1) kann niemand weitere Fehler oder gar Manipulationen ausschließen, die im Verborgenen bleiben (und dieses Restrisiko bleibt nun mal bei den derzeitig eingesetzten Systemen).
2) wären bei einer Wahl mit Papier und Stift der Großteil der Probleme nicht aufgetreten. Was nicht für die Benutzbarkeit der eingesetzten Technik spricht.
Jetzt aber genauer zu den Problemen. So berichtet etwa die taz folgendes:
Wie sich bereits bei Frühwahlen gezeigt hatte, sorgte die moderne Technik, die eigentlich das archaische papierbasierte US-Stimmsystem in die Neuzeit führen sollte, an vielen Orten im Land für Ärger.
[…]
In Maryland, wo sogar das Parlament 2007 beschlossen hatte, wieder zu den guten alten Stimmzetteln zurückzukehren, wird nur deshalb auch diesmal mit Computern gewählt, weil sich der Prozess bürokratisch nicht mehr stoppen ließ.Untersuchungen und wissenschaftliche Studien zur Zuverlässigkeit der Geräte laufen in vielen Bundesstaaten. In Kalifornien kamen Sicherheitsforscher der University of California klipp und klar zu dem Schluss, dass Manipulationen an Wahlcomputern möglich seien.
[…]
Manchmal funktionieren die Geräte aber auch einfach überhaupt nicht. In Virginia meldeten gestern Dutzende Wahlbezirke Maschinen, die sich nicht in Gang setzen ließen. Das verlängerte die sowieso schon langen Schlangen weiter. Die meisten Wahlleiter waren zudem nicht bereit, dann einfach auf Papierstimmzettel umzusatteln – erst wenn alle Geräte in einem Wahllokal versagen, wurde dies zähneknirschend möglich gemacht, berichteten Betroffene im Internet.
Ähnliches lässt sich auch beim Spiegel finden:
In den Ostküsten-Staaten wie Virginia, Maryland und New York bildeten sich schon vor Morgengrauen lange Schlangen. In New York erklärte eine Sprecherin der Wahlkommission, die Menschen hätten sich in einigen Wahlkreisen schon gegen 4 Uhr am Morgen angestellt, um lange Wartezeiten zu vermeiden.
Nicht nur die Wähler hatten Grund sich zu beklagen, auch Wahlbeobachter wurden bei ihrer Tätigkeit behindert:
Ein Team von europäischen Wahlbeobachtern kritisierte, dass es bei seiner Arbeit zu den US-Wahlen behindert wird. […] Überrascht erfuhren die Beobachter, dass sie nur ein einziges, von den US- Behörden ausgesuchtes Wahllokal besuchen durften.
„Wir alle halten das für ein inakzeptables Vorgehen“, erklärte Meinhardt. „Einer Wahlbeobachterdelegation darf nicht vorgeschrieben werden, welche Wahllokale sie zu besuchen hat, geschweige denn, welche sie nicht besuchen darf.“ Gerade in Florida, dem Staat, in dem es bei den US-Wahlen im Jahr 2000 zu Unklarheiten gekommen war, hätte habe man sich ein höheres Maß an Sensibilität gewünscht.
Die Kritik sollte durchaus ernst genommen werden und eine größere Verbreitung finden. Aber auch zu einem Umdenken, zumindest zu einem Problembewusstsein, führen. Bei vergangenen US-Wahlen hat sich immerhin gezeigt, dass auch relativ wenige Stimmen entscheidend sein können.
Desweiteren kann es nicht Sinn in einer Demokratie sein, das grundlegendste Recht des Bürgers, das Wahlrecht – von einem transparenten und sicheren Ablauf (Papierwahl) – in ein intransparentes und nicht den bisherigen Sicherheitsanforderungen gerecht werdendes System zu pressen.
John Hodgman fasst in der Daily Show die ganzen Bedenken auf äußerst humoristische Weise zusammen. Der Ausschnitt stammt zwar aus 2006, an der grundsätzlichen Kritik hat sich jedoch nichts geändert:
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